Lesung von Alissa Walser am 05. 10. 2010
Es beginnt merkwürdig. Vor dem Eingang stehen zwei Menschen, die Flugblätter verteilen, deren Inhalt sie nicht zu kennen scheinen.
Innerhalb geht es merkwürdig weiter. Alissa Walser liest einen Text zu ihrem Roman. Darin steht etwas, wie und warum der Roman entstanden ist, etwas vom rückwärts und vorwärts denken, von Zettelkästen für Gedankenblitze, von Musik, dem wandernden Klavier ihrer Kindheit und natürlich von Mesmer.
Das Stumme, sagt sie, sei Thema ihres Buches.
Ich frage mich, ob das Stumme so viele Worte verträgt.
Dann beginnt sie zu lesen, das erste Kapitel, ein Wintermorgen mit Hund. Die Finger auf den Zeilen, spricht sie von Magneten, vom Kranken der Kranke heilt, wie alles miteinander zusammenhängt, ohne deswegen verständlich zu sein.
Eine laute Geschichte vom Stummen. Eine Geschichte, in der man vor allem den Willen hört. Etwas, das von außen auf die Geschichte zugekommen ist, nichts was sie von selbst (magnetisch) angezogen hätte.
„Jede ihrer Bewegungen wie von außen bewirkt“, schreibt sie über ihre Heldin Paradis und meint damit vielleicht auch ihr Buch. Weil Sprache immer klüger ist, als der der sie schreibt.
Das Kostüm, der seit Jahrhunderten vergangen Sprache (Alissa Walser liest aus ihrem Roman „Am Anfang war die Nacht Musik“, der im 18. Jahrhundert spielt und die Geschichte vom „Wunderheiler“ Mesmer und seiner musikalisch hochbegabten Patientin Paradis erzählt), steht dem Buch gut. Dieses antike Kostüm webt ihm ein Kleid, aber es hüllt es nicht ein.
Als Paradis endlich eine eigene Stimme bekommt und zu Mesmer über die Musik spricht, ist auch Frau Walser bei sich, bei ihrem Buch. Aber da ist es schon fast zu spät, zu sehr habe ich mich über die Ambitioniertheit dieses Romans und über die unambitionierte Art ihn vorzulesen geärgert. Kurz denke ich noch: Nein, so möchte ich nicht beurteilt, beschrieben, betrachtet werden, wie ich es jetzt gerade mit Alissa Walser tue, doch dann wird mir klar: doch genau so möchte ich es. Unverblümt und verständnislos. Ganz direkt. Wie die Musik, zu der man zu tanzen beginnt, oder geht, oder – im schlechtesten Fall – bleibt und sich langweilt.
Am Wochenende startete Iris Radisch in der Zeit eine Bestandsaufnahme zur Lage der Literatur. Auch bei ihr ging es um Töne. Um „die weltaufschließende Kraft des Stils“. An die glaubt auch Frau Walser. Nur der Glaube allein mag vielleicht in der Lage sein, Berge zu versetzen, ein gutes Buch entsteht durch ihn allein nicht.
Innerhalb geht es merkwürdig weiter. Alissa Walser liest einen Text zu ihrem Roman. Darin steht etwas, wie und warum der Roman entstanden ist, etwas vom rückwärts und vorwärts denken, von Zettelkästen für Gedankenblitze, von Musik, dem wandernden Klavier ihrer Kindheit und natürlich von Mesmer.
Das Stumme, sagt sie, sei Thema ihres Buches.
Ich frage mich, ob das Stumme so viele Worte verträgt.
Dann beginnt sie zu lesen, das erste Kapitel, ein Wintermorgen mit Hund. Die Finger auf den Zeilen, spricht sie von Magneten, vom Kranken der Kranke heilt, wie alles miteinander zusammenhängt, ohne deswegen verständlich zu sein.
Eine laute Geschichte vom Stummen. Eine Geschichte, in der man vor allem den Willen hört. Etwas, das von außen auf die Geschichte zugekommen ist, nichts was sie von selbst (magnetisch) angezogen hätte.
„Jede ihrer Bewegungen wie von außen bewirkt“, schreibt sie über ihre Heldin Paradis und meint damit vielleicht auch ihr Buch. Weil Sprache immer klüger ist, als der der sie schreibt.
Das Kostüm, der seit Jahrhunderten vergangen Sprache (Alissa Walser liest aus ihrem Roman „Am Anfang war die Nacht Musik“, der im 18. Jahrhundert spielt und die Geschichte vom „Wunderheiler“ Mesmer und seiner musikalisch hochbegabten Patientin Paradis erzählt), steht dem Buch gut. Dieses antike Kostüm webt ihm ein Kleid, aber es hüllt es nicht ein.
Als Paradis endlich eine eigene Stimme bekommt und zu Mesmer über die Musik spricht, ist auch Frau Walser bei sich, bei ihrem Buch. Aber da ist es schon fast zu spät, zu sehr habe ich mich über die Ambitioniertheit dieses Romans und über die unambitionierte Art ihn vorzulesen geärgert. Kurz denke ich noch: Nein, so möchte ich nicht beurteilt, beschrieben, betrachtet werden, wie ich es jetzt gerade mit Alissa Walser tue, doch dann wird mir klar: doch genau so möchte ich es. Unverblümt und verständnislos. Ganz direkt. Wie die Musik, zu der man zu tanzen beginnt, oder geht, oder – im schlechtesten Fall – bleibt und sich langweilt.
Am Wochenende startete Iris Radisch in der Zeit eine Bestandsaufnahme zur Lage der Literatur. Auch bei ihr ging es um Töne. Um „die weltaufschließende Kraft des Stils“. An die glaubt auch Frau Walser. Nur der Glaube allein mag vielleicht in der Lage sein, Berge zu versetzen, ein gutes Buch entsteht durch ihn allein nicht.
elke66 - 6. Okt, 14:05
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