Die Nes Briefe
Lieber Nes,
ich schreibe dir in der Gewissheit,
dass meine Worte dich niemals erreichen.
so bleibt die Haltbarkeit meiner Sätze
gewährt. Die sich als überlegen erweisen
gegenüber der Vergänglichkeit
flüchtiger Gefühle.
Der trostlose Gruß
einer siegreichen Zeit.
So lange wir schreiben,
gibt es immer einen,
der uns vergisst,
weil man anders nicht
aneinander denken kann.
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Lieber Nes,
Die Nächte sind bleiern
Jeder Tag beginnt mit einem Traum
Auch du spielst eine Rolle
Du bist ein Spieler
Du spielst sie gut
Manche Tage sind dunkel
Wie ein Tango
Die Worte umtanzen mich
Ich bekomme sie nicht zu fassen
Aber du weißt doch
Am Anfang war das Wort
Und dann erst der Traum
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Lieber Nes,
sie haben den Morgen geputzt,
die Haltung gerichtet
und ich erwarte den Tag
wie einen überfälligen Brief
(wer bin ich ohne den Trost deiner Worte?)
Ich erinnere mich an die Frau mit dem Skizzenblock,
wie sie den Mann neben sich zeichnete,
ganz nebenbei, so wie ich dich manchmal
mit Worten zu zeichnen versuche
und sie und ich,
wir haben unsere Bilder.
Und manchmal vergessen wir,
dass es nur Bilder sind.
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Du schreibst wir sollten unsere Worte zählen,
wir sollten einfach schreiben und einleuchtend.
Du glaubst an das Gleichgewicht, schreibst du.
Und dass du deine Überzeugung mit mir teilen willst.
Du wünscht, wir sollten im gleichen Gedankenraum wohnen.
Gemeinsam im richtigen Moment erwachen.
Den Traum köpfen,
damit die Behauptungen sich behaupten,
das Kopflose den Träumen überschreiben.
Vielleicht hast du jetzt schon an mich gedacht,
meinen Brief gedreht, gewendet und gelesen.
Das Fenster geöffnet und auf meinen Namen gelauscht,
vielleicht.
Ist das nicht ein wunderbares Wort, Nes?
Vielleicht.
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Lieber Nes,
ich verstehe von all dem nicht viel.
Das ist ein Grund zu beginnen.
Weil man keinen Grund braucht.
Wenn du wartest ist das viel.
Wir haben uns lieber als die Wirklichkeit.
Das ist der Nährboden der Tragödien.
Die wachsen ganz von allein.
In den Himmel und in die Hölle.
Und wir hinken hinterher.
Wir bilden uns ein
wir könnten die Richtung bestimmen.
Es gibt keine Richtung.
Und die bleibt immer gleich.
Was machen wir mit den Scherben unserer Erinnerung?
Pflastern wir die Wege die niemand betritt?
Du wartest nicht auf mich Nes
nur auf eine der Scherben.
Aber wenn du sie findest
weißt du nichts damit anzufangen.
Du steckst sie in einen Umschlag
auf den schreibst du
Machs gut!
Deine Briefe taumeln Nes
Das ist keine Leichtigkeit.
Das ist der blinde Flügelschlag.
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Wir nennen Dich Nes
Hast Du das nicht gewusst?
Wir tun alles hinter Deinem Rücken
Wir sitzen blicklinks auf den Zäunen
wenn Du vorbeischleichst
in Deinen Mantel gehüllt
wie in eine Erinnerung.
Wir sehen das Kriecherische in Deinem Blick
Du willst es unter dem Kragen verbergen
Aber das gelingt Dir nicht
Nes
Dir gelingt ja nicht einmal mir einen Brief zu schreiben
Dir fallen die Worte aus dem Mund
Und immer ist es ein anderer
der sie auf ein Stück Papier klebt
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