Der Schnee macht weiter
Die Kriege machen weiter
Die schmerbäuchige Finanzkrise macht weiter
Die I-Männchen machen weiter
Die Umstände machen weiter
Das Klagen macht weiter
Das Verhageln der Gedanken macht weiter
Die Bäume machen weiter
Die Blätter machen weiter
Die Blätter fallen von den Bäumen
Die Erkenntnis fällt aus der Luft
Aus heiterem Himmel überfällt sie einen
Die Wetternachrichten machen weiter
Die Kältetoten machen weiter
Das Fernsehen macht weiter
Das gute und das schlechte Gewissen macht weiter
Die Eindrücke machen weiter
Drücken sich ein
Das Harte ins Weiche
282mal gelesen
Was bleibt ist der Raum
Als einzige Antwort die zählt
Die Bestand hat für eine begrenzte Anzahl
Von Tagen oder Gedanken
Die bisweilen zusammentreffen
Sich vereinigen oder auflösen
Bis alles was unhinterfragbar feststand
In dichtem Nebel liegt
Fest vertäut in den stürmischen Gewässern
Aus denen wir das Trübe fischen
Und an Land ziehen wie einen guten Fang
An dem wir uns satt essen können
Für den Rest des Jahres
184mal gelesen
Da ist der Vater.
Dort ist der Sohn.
Sie sind miteinander verwandt.
Sonst haben sie nichts miteinander zu tun.
Die Schwester sagt
Er ist auch mein Vater.
Ja, sagt der Sohn, aber das ist etwas anderes.
Der Sohn schreibt einen Brief.
Der Sohn schreibt einen Brief an den Vater.
Der Brief wird gedruckt.
Alle Welt liest den Brief.
Alle Welt sagt
Was für ein verlorener Sohn.
Was für ein trauriger Brief.
Der Vater hält seinen Sohn für einen Käfer.
Er ist auch dein Kind sagt die Schwester.
Ja, sagt der Vater, aber das ist etwas anderes.
226mal gelesen
Da liegt sie nun
Die verlorene Liebe
Auf einer taunassen Wiese
Sie wird sich einen Schnupfen holen
Wenn sie niemand in den Mantel des Vergessens hüllt
Und Wasser nachfüllt
Für die Tränen die noch vergossen werden müssen
Wenn der Wind wieder auf diese bestimmte Art
In den Blättern heult
Und ein schlecht frisierter Schatten
Aus der erdrückenden Gegenwart einer Eiche steigt
Um sich der grenzenlosen Schwermut eines Gewitterregens hinzugeben
Bunt schillernd wie ein Regenbogenfisch
Auf verschimmelten Postkarten
In diesem Kellerloch
Wo sie die Liebe eingesperrt haben
Zusammen mit ihrer Kehrseite
So konnten sie wenigstens
Mensch-ärgere-dich-nicht spielen
Zum Schachspiel hat es nie gereicht
Weil keine von beiden die Geduld hatte
Den Zügen hinterher zu sehen
Immer stellten sie sich gleich Bahngleise vor
Oder Hafenanlagen
Schiffe und Flugzeuge
Und die vermeintliche Weite der Welt
Aber wenn sie durch die vergitterten Fenster guckten
Schnitt ihnen die Welt Grimassen
Und eigentlich
Wollten sie sich gar nicht mehr trennen
265mal gelesen
Er betrachtet was in seiner Hand liegt
Zu leicht um etwas darauf aufzubauen
Zu schwer um sich über alles hinwegzusetzen
Und abzuheben
Fortzufliegen wie die Zugvögel
Die nichts am Vergessen hindert
Weil sie sich niemals erinnern
An falsche Zeugnisse oder Lippenbekenntnisse
Aus Angst vor der Zukunft
Wird die Gegenwart zu einem blinden Fleck
An dem immer schon
Alles längst gesagt ist
221mal gelesen
All die Tiere die wir im Wald trafen
Betrachteten die Vergangenheit als Vorspiel zur Gegenwart
Wenn man es so sieht sagtest du
Und ich wusste dass du lügst
Weil du dich nicht in ein Reh verwandeln wolltest
Oder andere gute Gründe hattest
Dem kristallklaren Wasser zu misstrauen
Das im Verborgenen neben uns herfloss
Der Himmel über uns hing voller Schnee
Auf den kahlen Ästen ernährten sich Krähen
Von den Resten längst verbrauchter Träume
Irgendwo öffnete eine Frau ein Fenster
Um ein Kind zu empfangen
Eine Vorstellung die sich wenig später in Luft auflöste
Jetzt habe ich doch Durst sagtest du
Schnee bedeckte die Rippen der Berge
Meine Vorstellung von dir
täuschte mich über einen verhaltenen Einfall hinweg
Als ich das unangemessene Glitzern in deinen Augen entdeckte
War es längst zu spät
Ich bedeutete dir nicht mehr als ein Name
Der dir jetzt leicht von den Lippen ging
Und ich erinnerte mich daran dass ich nie einen Bruder haben wollte
Und keine Tiere mochte
Trink ruhig sagte ich
Und warnte dich nicht vor dem Jäger
Der Schneewittchen gerade laufen gelassen hatte
197mal gelesen
Eine Silbe kroch ihr ins Nasenbein
Als fürchte sie sich vor zarten Köpfen
Zog sie es vor zu schweigen
Wohl wissend dass die Stille
Nur eine andere Form der Rede ist
Der Torso dem die gestikulierenden Arme fehlen
Die hinweisenden Finger
Die vorandrängenden Beine
Gerade genug Körper um den Raum zu füllen
Mit Sehnsucht
Mit Fehlen
Mit dem was in den Falten der Zeit versteckt liegt
Und das Tageslicht scheut
Aber nachts seine Flügel ausbreitet
Und sich über alles hinwegsetzt
188mal gelesen
Es ist dieses seltsame aus der Zeit fallen
Als gäbe es nur die Tage vor oder nach diesem einen Gedicht
Diesem Brief diesem Satz
Alles steht still
Die Gedanken stehen still
Die Sätze schweigen sich aus
Selbst die Gefühle halten still
Du schneidest mit dem Messer durch das Brötchen
Rutscht ab und triffst das Fleisch zwischen Daumen und Zeigefinger
Eine rote Spur entspringt
Aber nichts bewegt sich
Der Schmerz steht still
Das Telefon steht still
Selbst deine Vorstellung steht still
Nur dieses Standbild
Du in der Küche das Messer in der Hand
Allein
Keine Kraft mehr dir Fragen zu stellen
Geschweige denn Antworten zu finden
Versuchst du dich einzurichten in genau dieser Unbestimmtheit
Dem Fließen der Zeit das durch den Stillstand fährt
Wie das Messer in deine Hand
205mal gelesen
Ida ging fort.
Jemand der sie sehr liebte sagte
Sie ist fort
Er sagte es nicht traurig
Auch nicht verzweifelt
Nicht einmal so als wollte er selbst fortgehen
Er stellte es einfach fest
Das Haus war leer
Der Himmel war blau
Dort wo Ida nicht mehr war gab es einen Wald
Über dem Wald war der Himmel blau
Vielleicht war der Himmel nicht immer blau
Aber immer wenn über ihn geredet wurde hieß es
Der Himmel ist blau
Nach und nach vergaßen die Menschen dass der Himmel grau sein konnte
Oder schwarz wie die Nacht
Sie dachten der Himmel ist überall
Und sie dachten der Himmel ist blau
Und wenn er nicht da war
Und wenn er nicht blau war
Wurden sie wütend und schlugen eine andere Richtung ein
Aber sie verließen nie den Ort aus dem Ida fortgegangen war
Auch nicht jemand der sie wirklich liebte
Und gerne in den Wald ging
Um dort den Zwergen zu erzählen dass sie fortgegangen sei
Obwohl der Himmel überall ist und die Welt rund
Und vielleicht heißt sie Rose dachte er
Und weil es immerhin möglich war dass sie Rose hieß
Schnitzte er ihren Namen in einen Baum
Es war nicht schwer einen Baum zu finden in einem Wald
Aber vier Buchstaben das ist eine andere Sache
Wie traurig ist das wenn man die falschen Buchstaben wählt.
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