Kennen Sie den eigentlich auch
Diesen freundlichen Herren
Ich glaube er ist Schirmmacher
Obwohl er unaufhörlich den Umfang des Blutes berechnet
Und Maß nimmt wie ein sehr versierter Charmeur
Verliert er nie diese unsichere Fassung
Und die Tollpatschigkeit hinter seinem Blick
Er hält große Stücke auf diesen Straßenbahnfahrer
(aber seien wir mal ehrlich: wer tut das nicht?)
der die Haltestellen so sicher umschifft
und unter den Schulkindern verteilt
Er träumt immerzu davon einen Namen zu besitzen
So etwas wie Steglitzer Bahnhof oder Hallisches Tor
Dabei umkreist er die Drossel
Die ein Lied strickt aus all den Beleidigungen die man ihr ins Nest gelegt hat
Das hier ist kein Gedicht sondern nur ein langer Zopf
An dem Rapunzel hängt
Wie mancher von uns
An einem geplatzten Traum
Der uns aufrecht hält und die Blicke ablenkt
Von den farbigen Schritten drum herum
193mal gelesen
Wenn man etwas in Frage gestellt hat
Steht es nie wieder fest
Findet nie mehr festen Boden und diese Beruhigung
Von Worten wie Halt und Vertrauen
Das weißt du doch auch
Oder du könntest es wenigstens wissen
Die Zeit die manche Dinge brauchen
Um aufzulaufen auf diese putzigen Sandbänke
Denen wir hochtrabende Namen verleihen.
Wir nennen sie Schicksal und Gott und Bestimmung
Wir spielen dieses Spiel das wir nicht gewinnen können
Weil ein anderer die Regeln gemacht hat
Die zitternde Hand mit der wir unterbrochene Schluss- Striche ziehen
Ein Wort das wir niemals zusammenschreiben
Immer dieser vorauseilenden Frage auf den Fersen wohn das führen soll
Gießen wir einen Eimer Zeit darüber
Das löscht die Erinnerung
Oder kühlt sie wenigstens ab
Und draußen weckt einer den Tag
Damit er endlich aufhört anzufangen
Und sich zufrieden gibt mit der Nutzlosigkeit einer ausgeträumten Nacht
Da hängt das entweder- oder in den Ästen
Fällt uns vor die Füße und wir heben es auf
Im Glauben es verlegen zu können
In eine unausdenkbare Zeit
Wie wir nach etwas Vergeblichkeit Ausschau halten
Es ist nur ein Spiel und als solches riskant
(wie die schwer verdaulichen Reste einer in die Beliebigkeit verschobenen Nacht)
wenn man die Zusammengehörigkeit verloren hat
an irgendeine fremde Macht
239mal gelesen
Das Plappern der Lokomotiven
Das Rauschen der Absätze
Und die traurige Musik
Der sterblichen Sprache
Im Angesicht des Unvermögens
Stellst du dich taub
Für deine eigenen Fragen
Wie gehen die Tage
Gehen so dahin
Ziehen vorüber
An den Verstecken für deine Augen
Die blicklosen Tage auf ihrem Weg in die Nacht
Der gelbe Duft der Butterblumen
Mit dem du die stillgelegten Nächte ausblendest
(du magst es hell)
und hüllst dich ein in die Durchschaubarkeit
fein gewebter Lügen
auf die niemand hereinfällt außer dir selbst
203mal gelesen
Die zähen Tage ausstreichen
Strichlisten und Streichlisten
Und Strichmännchen neben die Streichlisten
Und andere Strichmännchen
Die die Strichlisten bewachen
Strichmännchen die versuchen durch die vergitterten Fenster zu sehen
Weil draußen ein Nashorn nach ihnen ruft
Strichmännchen die versuchen die gegessenen Wurstscheiben (drei)
Gegen ein Stück Käse zu tauschen
Strichmännchen die gelangweilt in der Nase popeln
Und Strichmännchen die die Striche aus denen sie gemacht sind auslachen
Strichmännchen die niemals den Mut haben werden
Dem plötzlich aufkeimenden Wunsch aus dem Fenster zu springen zu widerstehen
Aber was heißt das schon für Strichmännchen
Die aus zähen Tagen gemacht sind
Und aus vorgeschriebenen Strichen
355mal gelesen
Die gebundenen Wege
Gesäumt von kleinen Fischen
Jetzt ist es zu spät
Sich zu entscheiden
Jetzt ist die Vernunft gewählt
Und macht dich
Zu einem halbseidenen Lebenskünstler
Der sich beharrlich selbst im Weg steht
Beim Versuch alles in Grund und Boden zu schreiben
So schreibt man nieder
Aber nie Geschichte
Ein Kleinmütiger der auf geraden Wegen
Den Wahnsinn der Großen überwacht
Ohne Schlüsse zu ziehen
Oder Atem zu holen
Ohne sich an der Luft zu verschlucken
Die voller Versprechen steckt
214mal gelesen
Der Vater der Sohn
Die merkwürdige Erscheinung
Der verwesenden Erinnerungen
(davon nähren sich die Träume)
die Landschaft die Luft
die schlafenden Berge
der Verlust der Abwesenheit
(in der Nacht)
die geschätzten Worte
(unausgesprochen)
das Lauschen des Lächelns
auf den Lichtungen
die Teppichmuster der Verdrießlichkeit
(verlöschen)
ein Spalt des Zögerns
(beginnendes Verwesen)
die Unverwüstlichkeit des Unglücks
(Schleiflack von Schildknecht)
die handverlesenen Gedanken
das Vaterärgernis
(fischen in erschlafften Gesängen)
die Sanftmut eines singenden Zuhörers
sie schreibt sie alle ins Grab
227mal gelesen
Ich traf dieses Nashorn
Jemand hatte es beiseite gelegt
Es war ein sehr höfliches Nashorn
Es kam mir bekannt vor
Es sah mich an mit diesem stechenden Blick
Als müsste ich mich erinnern
Ich erinnerte mich auch
Ich wusste nur nicht woran
212mal gelesen
Die Romantik eines spätbarocken Abends.
Du isst Huhn. Ich bestelle Fisch.
Der Kellner ordert frische Gedanken.
Wir trinken Gin Tonic.
Ich mit Eis und du nicht.
Ich schlucke deine Worte, ohne mit der Wimper zu zucken
Und mit jedem einzelnen weiß ich, du meinst gar nicht mich.
Keine Ahnung, wer dir da gegenübersitzt,
auf wen du einredest,
eine Erscheinung mit kleinen Schluckbewegungen
und viel zu langen Fingern.
Zu lang für die haltlosen Gesten, die du an den Tag legst
Und gleich darauf wieder vergisst.
Hats dir geschmeckt?
Nein, mir schmeckt es noch.
So lange, bis die letzte Kerze erlischt
Und ich mich nur noch an den Schatten erinnere.
Den es nicht gibt, ohne Licht.
301mal gelesen