Sonntag, 12. Juli 2009

Wer bist du Anna Blume?

Der Wachsgeruch im Stiegenhaus
wo ihre Schritte nach Abschied riechen
nach Schatten die ein anderer längst geworfen hat
dieses Geräusch wenn jemand das Dunkel sucht
und einen Lichtkegel findet
die Worte anmalt in den Farben der Bewegung
(die Jahre angerichtet mit vernagelten Worten)
der Verrat zwischen den Zeilen
wenn wir versuchen etwas festzuhalten
die krausen Gedanken zu ordnen

Unsere Mäntel aus Wasser und Luft
Der Stoff den wir atmen
Die grüne Bekenntnis
Wir malen mit unseren Zungen
Kreise in die Zeit

Ihr Nachbar war ein Mann
Ohne jegliches Talent
Mit ungenau polierten Brillengläsern
In denen sich die Fragwürdigkeit
Der Toten spiegelte
Er strickte Strümpfe
Er bewahrte sie auf wie ein Gedicht
Das niemand hören will

Er bemerkte als Letzter die Verwandlung
(als wäre das mit dem Käfer lange vorbei
abgeschrieben in linierte Hefte
voller Tintenkleckse hinter dem schiefertafeligem Geruch)
etwas begann das zwischen den Zeilen
kein Ende fand
Eine Geschichte erfinden
Und eine andere empfinden
Die Kehrseite von einem Auszählreim
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Donnerstag, 9. Juli 2009

Küche II


Das Zischeln der Gewürze
Das Wispern der Töpfe
Die Fenster geschlossen
Sie fürchten den Rauch
Das Zucken der Neonröhre
Morsezeichen für eine andere Welt
Witwe Bolte und ihr Hund
In einiger Zwietracht
Das pathologisch verlogene Kind
Der Blick zu Boden
(dort wo die Fußtritte sind
die Abzeichen und Spuren
die gelösten Schnürsenkel
die Füße, die Zehn)
Eine vergleichslose Vorgeschichte

Sie schläft jetzt auf dem Dachboden
Zwischen den Kisten
Kein Himmel im Fenster
Aber weit entfernt vom Ofenloch
Dieser beißende Rauch in den Augen
Wenn man erkennt
Was man nicht sehen will

Das Grün der Träume
Wie es sich vom Gelb trennt
Und zu blau wird
Blau ist die Farbe der Sehnsucht
Blau ist dieser besondere Geruch
Nachdem man ein Gedicht von Frau Plath gelesen hat
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Mittwoch, 8. Juli 2009

Das weiße Gedicht

Nie blüht der Schnee so vollendet
Wie im Sommer
Wenn er sich als Erinnerung
In staubferne Augen legt
Wir hörten der Gesänge viele
Wir tanzten im Schattenglanz
Wir gaben uns verloren
Bevor der Traum begann
(sieben Schneiderlein
und eine Fliege)
Wir zogen Socken über unsere Hoffnung
(zum Schutz vor Erkenntnis)
Doch durch die Löcher
Drang Wirklichkeit ein
Wie fahles Feuer
Wie eine Akazie
Im Fadenkreuz
Der schmutzige Schaum der Asche
In unseren vergänglichen Augen
Die Verdoppelung eines
Entzückenden Schneefalls
Der den Baum der Erkenntnis
Vor der Spiegelung warnt
Wie er säuberlich in vier Hälften geteilt
Auf dem Teller liegt
Das ist Vertreibung
Die Erinnerung an das Paradies
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Dienstag, 7. Juli 2009

Die semiotische Fliege

Ich bin eine semiotische Fliege
Auf einem Basar
Ich zahle mit fremden Gesten
Ich bin der gehörlose Leierkastenmann
Ich sammle verzweigte Gedanken
Später erinnere ich mich nicht mehr daran
Ich bleibe sämtliche Beweise schuldig
Ich bin ein einarmiger Bandit
Auf vier Pfoten
Der Schatten mit Angst vor dem Licht
Ich bin eine zerfaserte Richtung
Eine Nase ohne Gesicht
Ich bin die staubdurchflutete Mütze auf hoher See
Ich bin die doppelte Buchführung
Eines zahnlosen Lebens
Ich bin der rauschende Spiegel
Eine Akazie an der Haltestelle
Ich bin der rettende Gedanke
An eine vertane Möglichkeit
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Montag, 6. Juli 2009

Der Ursprung des Wartens

Taube Tage
Deine Taten sind längst
In Vergessenheit geraten
Ein Verbot
Ein übertretenes Schild
Wenn man von allem was erzählt
Werden kann
Das Benennbare auslässt
Bleibt eine samtweiche Stimme
Blauer flüsternder Samt
Das Verlassen der Dinge
Der Moment in dem das Sehen begreift
Die beschirmten Augen fliegen
Noch einmal aus
Ich bereite unsere Zukunft vor
Sagt eine Stimme
Als wäre die Zukunft ein Gericht
Ich lege die Messer neben die Gabeln
Und warte
Aber ich warte nicht auf dich
Auch nicht auf das Vergehen der Tage
Auf einen Lichtblick
Oder einen Einfall
Ich warte auf den Ursprung
Des Wartens
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Samstag, 4. Juli 2009

Es war einmal

Ich erzähle dir diese Märchen
Ich erzähle sie als könnte ich sie neu erfinden
Als könnte ich die Scherbe von der Straße nehmen
Und nach Leningrad reisen
In einem vereisten Eisenbahnabteil
Mich verschwenden an eine unpersönliche Erinnerung
Die Tage erraten ohne die Geburts-
Mit den Sterbedaten zu verwechseln
Das Gequengel der Zeit
Wenn alles rund läuft
Und nur sie vergeht
Unser Leben aber wird zu
Einer Serie unvergänglicher Momente
Und jeder beginnt:
Es war einmal
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Ich fragte Marina Zwetawjana

Wie ist das so
Tot zu sein
Sie antwortete mit der Loyalität
einer vollkommenen Bewegung
die garstigen Gesten der Lebenden
in ihren kurzsichtigen Blick gefasst
was geschieht wenn Eva merkt
dass sie eigentlich Lilith ist
fragte sie
Sie saß auf einem Sofa
Das Sofa gehörte meinem Traum
Im Traum bewohnte mein Großvater
Die Baumkronen
In denen spiegelte sich die Leichtigkeit
Eines schweren Geständnisses
Ich zog die Gardinen vor das Fenster
Es wird jetzt früher dunkel
Frau Zwetawjana stand auf
Sie tat es ohnegleichen
Ein aufrechter Gang will gelernt sein
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Freitag, 3. Juli 2009

es setzt sich fest

das gemeinte setzt sich fest in den tagen
übersteigt die bedeutung
die verwandlung von einer frage in eine aussage
das ist der anfang
die träume begeben sich schwebend in unterführungen
dort bleiben sie stecken
sie fürchten das sonnenlicht
die trennung von dem was dazu geführt hat
und dem was möglich ist
das ist das gemeinte
es setzt sich fest
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Donnerstag, 2. Juli 2009

Es

Wenn die Nacht aber ausgeträumt ist
Schwirrt alles Nahe im Wind
So wird es unerreichbar
Das ist gegenwärtig
Das Gestrüpp der Stunden
Der Ort wo die Unruhe beginnt
Wir lösen uns auf in Bewegungen
Denen Sprache nichts bedeutet
Du öffnest die Hand
Und etwas Fremdes entfernt sich
Gewinnt mit der Entfernung Gestalt
Das ist: Bedeutung
Ich knöpfe den Mantel zu
Es ist kalt.

Leise wie Schnee
Rieselt die Luft
Auf unsere erheiterten Gedanken
Die vergnüglich verschwinden
Im Dickicht eines satten Nachmittags
Die Halme der Böschung
Das Vertrauen der Luft
Was reift in der Gegenwart
Ist Vergangenheit
Das grausame Bilderbuch
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