Dienstag, 28. Juli 2009

So geht die Zeit vor mir her

Ein geringeltes Treppenhaus
Voller steinkalter Lichter
(etwas liegt unter der Zunge
und kommt nicht vor)
Ein Mantel in der Ecke
Darauf ein Mond
(wie mich die Erinnerungen stechen
vertraulich verflacht)
Im Garten der Gesang
Obergäriger Vögel
Gesänge vom Fliegen
(freiheitssüchtiger Klang)
Aufschreiben wovon man
Nicht absehen kann
Die Blicke an die alten rostigen Nägel
Im Baum hängen
Vertreiben was sich nicht ausdenken lässt
(so schmale Gassen
die Schultern meiner Mutter
verzagen versagen
diese Form der Haltbarkeit
das Würzen der Gedanken
eine Art Erleichterung im Traum)
Ich weiß nicht woher es kommt
Sich durch mich einschreibt
Die Gedanken im Haar
Den Schleier vor Augen
So verweht die Mutmaßung
Macht vor dem Denken halt
Die wellenförmigen Gedankenbewegungen
Die Kreuzung der Tage
Mit den Stimmen
(Gerüche versehen mit Taubheit)
ein schaler Gesang
der Nabel der Welt
die glockenförmige Behauptung
eines Gedankengebildes
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Montag, 27. Juli 2009

Wie man ein Leben auszählt

Die tönernen Tage
Das Gewicht der Gedanken
Die wohltuend schmerzhafte Fremdheit der Körper
(den Moment ganz in sich eindringen lassen
ohne Gestern und Morgen
wer wagt schon von sich zu behaupten
dass er das kann)
vergiften wir uns langsam
Stunde für Stunde
Mit der Wirklichkeit eines leblosen Lebens
Die leichtfertige Unterordnung der Gedanken
In fremde Theorien
(so trägt man sein Haupt im aufrechten Gang)
Gedeckte Versprechen
Der Gutschein eines behutsamen Lebens
Ausgeglichen, geradeaus
Ohne Verschwendung
Keine Bankrotterklärungen
Ausgeglichene Bilanzen
Schwarze Zahlen auf weiß
Das untergeordnete Wissen
Die Summe der Erfahrungen
(die zu machen man sich erspart hat)
Ein Raum der Ruhe
Und einer den man besser nicht betritt
Unsere Wege gepflastert mit Lügen
Wie oft kann man sich selbst verstoßen
Die mühselig gebrochenen Versprechen
Dein Leben ist ein ungedeckter Scheck
Voller Rechnungen die niemals aufgehen
Aber bezahlen musst du sie doch
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Freitag, 24. Juli 2009

Gemischte Gefühle

Ich zeichnete ein Bild und wartete auf den Moment,
in dem man etwas erkennen wird.
(Wie die Tage am Leben kleben. Voller Verständnis).
Undeutliche Zeichen an der Wand.
Auf dem Boden, im Gesicht.
Unsere Deutungen, die sich nur selten überschneiden.
Aber wenn es geschieht, brennt ein Licht.
Brennt hinter den Augen, in den Adern, unter der Haut.
Brennt für uns beide, bis einer es ausbläst,
weil alles was wir einatmen, auch wieder entweichen muss.

Das Verlangen mit Verboten gestillt.
Die Räume, die wir betreten und diejenigen,
in denen wir unsere Dunkelheit vergraben.
Das gestreifte Licht mit dem die Tage uns blenden.
Die Papplaternen im Schein der zierlichen Tage.
Stundenwerk.
Die verbissene Langsamkeit der Stunden.
Die angeborene Arroganz
mit der wir auf einen Moment warten,
an den wir uns den Rest unseres Lebens erinnern können.
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Donnerstag, 23. Juli 2009

Von der Verwandlung einer Erinnerung in ein Gedicht

Um den Satz zu bilden mit dem es beginnen soll
Probiere ich Worte an wie Kleider
(ich wünschte es wäre so einfach, Herr Frisch!)
Diese Worte gehen immer noch unter die Haut
Schneiden ins Fleisch
Wie es gewesen ist und wie es erinnert wird
(so wird der Punkt zur Linie)

Wenige Tage nach dem Unfall
Saß diese Frau im Wohnzimmer der Verstorbenen
In dem auch die Hinterbliebene
(also ich)
saß
(allein, ohne Verständnis für die Situation,
das Wetter, die Konsequenzen)

Der Tod machte sie steif
Das ausgesprochene Beileid
Stand in der Luft und lachte

Vielleicht hätte Herr Brodsky
Sich einen Reim darauf machen können
Oder er hätte geschwiegen
Von diesem Schweigen kann man nichts wissen
Obwohl es das Wertvollste ist
Das worin der eigentliche Ursprung des Lebens liegt

Ich musste langsam und gründlich
Lernen den Glauben zu verlieren,
dass wer geht irgendwann wiederkommt
und während ich diesen Glauben noch langsam und schmerzlich verlor
saß diese Frau auf einem Sessel mir gegenüber
und ich dachte nicht
aber ich denke heute
Tränen sind Punkte
um Striche zu malen
und dann zu prüfen
welches Band hält

Ich aber hatte keine Tränen
mein Gesicht war eine sehr trockene Landschaft

Heute weiß ich
dass bei nahezu allen Dingen
früher oder später der Zeitpunkt kommt
an dem das Ungenügen genügt
indem es sich mit dem Unvollkommenen verbündet
und zu dieser Art von Scheitern führt
die zuweilen zufrieden stellt

Sie erzählte mir dass ihre Mutter
In einem Fußballverein als Platzwart arbeitete
Sie hielt es für eine Art mir ihr Beileid auszusprechen
Und mich auf ihre Seite zu ziehen
Die Seite der Überheblichen
Wo das Warten das Schwere überlebt
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Mittwoch, 22. Juli 2009

Verblüffend

Der Schreiner, der Tischler, der Zimmermann
Entlaubte Gespräche
Wir erwarten den Winter
Wie einen Erlöser
Der Abend, die Nacht, die weichen Übergänge
Zwischen den Gleisen die spitzen Steine
(zu oft aus dem Fenster geguckt)
blühen gelb und bunt und mit dieser Verzweiflung
die die Lebendigen nur zwischen den Zeilen sehen
(abgestellt und vergessen)
Drei Worte zum Trost
Geburt, Tod und dazwischen das Leben
Alles sehr ähnlich
Aber nur ungefähr
Von der Wahrheit zur Lüge ist es nur ein Katzensprung
Aber rückwärts zu springen
Verlangt mehr Geschick als die meisten an Mut aufbringen können
Dabei: wie leicht sind sie aufgebracht
Hören auf mit der Wäsche zu streiten
Weil schon wieder das Schicksal lacht
Zwei schwarze Oliven im Gesicht
(wir lieben nicht uns
nur die Gemeinsamkeiten)
die kohlschwarzen Augen des Schneemanns
wie sicher wir waren
nie alt zu werden
und grau wie dieser Dezember
an dem das alte Jahr über das neue lacht
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Dienstag, 21. Juli 2009

Der verbitterte Schlaf der Zwerge

Die zwitschernden Tassen am Fenster
Das Gefühl nie etwas zu sehen
Was über ein Abbild hinausgeht
Selbst ich bin nicht mehr als ein Eindruck
Zusammenfaltbar beiseite gelegt
Am Baum der Bach
Hinter der Fabrik
Fließt die Erinnerung
Unter den Brücken versteckt sich die Deutung
Späte Sonne lag in deinem Haar
Die zwitschernden Augen am Abgrund
Dort wo jetzt die Tassen stehen im Regal
Die Grenzen die Abgründe
Die Unübersetzbarkeit von Gefühlen in Sprache
Nur wenn ein Schmetterling sich verwandelt
Sieht für ihn alles unbegrenzt aus
Flatterhafte Geschöpfe
Und wenn du sie aufschreibst
Stehen sie fest
Deine Listen so lang wie die Tage
Die Menschen hinter den Bergen
Sind immer glücklicher als wir
Der Staub auf den Stufen
Die Tankstelle am Straßenrand
Das Haar der Wirtin
Der Tresen
Das Singen ihrer weißen Haut
Die Sonne trägt diese Pronomen
Und deine Augen mein Jahr
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Sonntag, 19. Juli 2009

Der geteilte Garten

Wartend
Als könne man die Zeit messen
Und im Garten von Orpheus
Wächst federleicht
Boshaftigkeit
In den Zügen der Erinnerung
Die als einzige bleibt
Wenn man sich umdreht

Wie fühlt man sich
Wenn ein Traum stirbt
Fühlt man sich dann überhaupt
Bevor man sich umdreht
Und die Wahrheit sieht
Aber nur den Teil
Der verloren
geht
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Donnerstag, 16. Juli 2009

Rauschen

Das Rauschen der Tage, der Zeit,
Langsam, langsam
bewegt sich alles
auf den Gefrierpunkt zu
Die bedrückenden Tage,
die Leere in meinem Kopf.

Helligkeit war ein häufig
benutztes Wort,
dessen Sinn wir nie gänzlich verstanden
Geschieden vom Dunkel
verbarg sich etwas
hinter dem Licht

das den großen Worten
nicht traute
Das neue Schatten warf aus dem Dunkel
Schatten der Erkenntnis
Manchem geschieht ein Unrecht
Ich aber
trage den Namen des Unrechts
(das Schaf im Wolfspelz)

Die Entdeckung der Bewegungslosigkeit,
wenn die Zweifel nicht länger mit Gewissheiten spielen
Ich bin deine Maske
Und dahinter das Meer
Seine rauschende Leere
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