Dienstag, 6. Oktober 2009

Die Erfindung der Geduld

Vier Kinder an der Hand eines wurmstichigen Mannes
Was tun wir nun spricht eines
Und der Mann erfindet die Geduld
Wir tun so als könnten wir nicht sprechen sagt er
Und die Kinder sehen ihn an und nicken
Wie Wesen die restlos alles verstehen
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Samstag, 3. Oktober 2009

Mutterstolz

Es gibt diese Tage
Die sich wie ein Geschenk
In meine Hand legen
Sich ausbreiten und davonfliegen
Ohne etwas zu hinterlassen
Keine Narben
Nur dieses Bild
Mein Kind mit dem Brot in der Hand
Gehalten von meinem Blick
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Freitag, 2. Oktober 2009

Eine alte Geschichte

Hören Sie Schritte?
Sie sollten nichts mehr hören.
Was Sie da hören, ist Ihre Gefallsucht.

Es ist schon einige Monate her,
da hatte ich mich in einen Elefanten verwandelt.
Aber dann schrieb ich etwas über Stöckelschuhe
Und er verstieß mich aus seiner Haut.

Es ist nicht so, dass ich Farben erkenne.
Was ich erkenne, sind unterschiedliche Spuren der Einsamkeit.
Die Angewohnheit immer wieder von mir zu schreiben.
Mal mit und mal ohne Bart.

Die Anerkennung zurückliegender Jahre
Diese verlorene Harmlosigkeit kindlicher Gedanken.

Es war einmal ein Kind,
dem schenkte man eine Puppe.
Wenn du sie küsst,
wird sie sich in einen Frosch verwandeln,
sagte man und das Kind antwortete
Das ist eine alte Geschichte
Wir treffen uns wieder in sieben Jahren,
hinter den sieben Bergen.
Bis dahin habe ich sämtliche Tiere
Hinter sieben Spiegel geführt.

Die Großmutter packte ihren Koffer.
Sie legte bunte Steine hinein,
die hatte der Förster bemalt,
in sieben mühevollen Jahren,
während sie auf den Wolf warteten,
aber immerzu kam nur Rotkäppchen herein.

Den Zeitsprung in den Koffer gepackt.
Mein Großvater war eine Buche,
er wollte niemals unter einer Eibe begraben sein.
Wenn wir den Teig unserer Fassungslosigkeit anrührten,
zeigte er auf meine Großmutter und sagte:
Sie stirbt für mich. Sie tut es schon seit Jahren.
Zu Hause stillte meine Mutter den Durst nach Erlösung
Mit einer handlichen, sehr klaren Flüssigkeit.
Vielleicht dachte sie, sie trinkt ihre eigenen Tränen,
vielleicht dachte sie, das Denken lässt sich ertränken,
Vielleicht dachte sie: jetzt zeig ich es euch. Ich denke einfach nur an mich.

Ich traf diesen Mann
Er hieß Anne Sexton
Und nahm mir den Whisky aus der Hand
Du wirst schön weiterleben, sagte er
Es gibt noch so viel zu schreiben
Und deine Koffer habe ich längst gepackt
Aber du willst sie nicht öffnen, sagte ich.
Da lachte er und verschwand.

Ich nahm einen Schluck von diesem
Und einen Schluck von jenem hinterher.
Ich legte mich zwischen rotbunte Kissen
Und fürchtete seine Wiederkehr.
Ich wusste nicht, dass es nicht nötig war,
dass er noch einmal erschien.
Er war Anne Sexton
Und als solche unsterblich.
Er hatte mich um den einfachen Weg gebracht.

Ich würde ein Mütterchen suchen,
sanft wie ein Klavier und lang wie der Wind.
Aber schon waren die sieben Jahre vergangen
Und wir trafen uns hinter den sieben Bergen.
Die Koffer voller Manuskripte
Und anderer ausgestorbener Tiere,
zu sagen hatten wir nichts.
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Donnerstag, 1. Oktober 2009

Paul Delvaux "Soledad"

soledad-delvaux
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Mittwoch, 30. September 2009

Ich erinnere mich

Das Erinnerungsvermögen, sagt man
Ist ein Fluch, ein Ungeheuer,
ein Fisch mit fünf Augen,
der die Träume frisst.
Ich aber wiederhole die Schleifen meiner Angst,
um mich zu schmücken,
mit den unsinnig verlustreichen Bildern der Besinnung.
Um mich zu mumifizieren
Mit meiner Abwesenheit in ihrer Gegenwart
Damit ich den Glauben an den Winter aushalten kann.
Um zu schreiben, ohne aufzublicken.
Blicklos, verstandlos, hoffnungslos.
Um mich nicht zu erinnern
An die Erinnerungen, die sich meiner erinnern,
Von Zeit zu Zeit.
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Dienstag, 29. September 2009

Durst

Diese Begabung zum Schweigen
Nimmt dir niemand ab
Keiner verliert eine Silbe um deinetwillen
Dabei ist dein Durst nach Erwähnung so groß
Du würdest dich in eine Tulpe verwandeln in ein Messer
Nur um erwähnt zu werden

Die Worte die deinetwegen fallen
Sollen klingen wie das Rascheln der Zukunft
Ein Geräusch mit dem du die Zeit aus den Augen verlierst
Und dem Tag nachläufst
Dem immergleichen Tag
An dem du hättest erwähnt werden sollen
Und keiner der den Durst dir stillt
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Sonntag, 27. September 2009

Vera Pavlova

"Man befürchtet, Getanes
noch mal zu tun - und tut´s
immer wieder. Und Angst
setzt sich fest in der Seele.
Zu erben gibt´s im Leben nichts
als den Tod. Und auch er,
wenn er mit zitternden Fingern
vom Revers die Orden entfernt
und die Steine durch das Wort
"Gedenken" verletzt -
selbst er hat Angst.

(Vera Pavlova, 2004)
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Montag, 21. September 2009

Die allgemeine Undurchschaubarkeit des Lebens

Dann plötzlich
stand nichts als das Licht zwischen uns
Schmerzen vertreibt man mit Schmerzen
Und du fragst mich
Was heißt denn vertreiben
Was ist das für ein Wort
Und welche Bedeutung liegt in diesem Märchen
Von den großen Augen
Schreib es auf
Sagst du
Wir sind nichts als Geschichten
Die wir einander einschreiben
Aufschreiben
Während das Leben uns abschreibt
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